Warum Gesichtserkennung verbieten?
Gefahr für die Demokratie
Selbst wenn Gesichtserkennung perfekt funktionieren würde: Sie wäre dann in der Lage, ganze Stadtgebiete zu überwachen und die Identität von Zehn- oder Hunderttausenden von Menschen gleichzeitig zu erfassen. Technisch möglich
wäre das staatliche Erstellen von Bewegungsprofilen.
Darunter leiden Freiheitsrechte, individuelle Entfaltung und politische Teilhabe. Wer sich im öffentlichen Raum ständig von einer intelligenten Kamera abgescannt und analysiert fühlt, verspürt einen Überwachungsdruck.
Selbsteinschränkung und aufgezwungene „Konformität“ ist die Folge.
In einer gesunden, pluralistischen Demokratie ist es aber wichtig, dass sich Menschen bei ihrer Meinungsbildung, individuellen Entfaltung und politischen Partizipation nicht beobachtet fühlen.
Missbrauchspotential
Gesichtserkennung birgt enormes Missbrauchspotential – sowohl für einzelne unberechtigt Handelnde als auch für etwaige zukünftige autoritäre Regierungen. Zivilgesellschaftliches Engagement gegen eine Regierung, die exakt weiß, wer
wann wo ist, ist nur schwer denkbar. Es liegt in der historischen Verantwortung Deutschlands, keine Infrastruktur aufzubauen, die es ermöglicht, die gesamte Gesellschaft zu kontrollieren.
Falscherkennung
Die Systeme funktionieren mangelhaft. In einem Test am Berliner Bahnhof Südkreuz wurde ca. jeder 200. Mensch fälschlich als gesuchte Person erkannt.
[1] In der Praxis würde das an einem Bahnhof wie dem Berliner Südkreuz dazu führen, dass täglich 600 Menschen fälschlich als gefährliche Person
erkannt werden. Diese Menschen wären unangenehmen Kontrollen ausgesetzt. Die Polizei wäre von Fehlalarmen überlastet.
Einfache Umgehung
Dreht eine gesuchte Person ihr Gesicht nur um 15 Grad von den Kameras weg, wird sie von den Systemen nicht mehr erkannt.
[2]
Die Erkennung lässt sich auch durch das teilweise Bedecken des Gesichts, z.B. mit einem Schal oder einer Mütze, vereiteln. Wer eine Straftat plant, kann sich einfach vor Erkennung schützen.
Diskriminierung
Gesichtserkennung diskriminiert Frauen, Kinder und People of Colour. Bei diesen Gruppen liegen die Falscherkennungsraten signifikant höher als bei weißen mitteleuropäischen Männern.
[3] Das liegt daran, dass die
hiesigen Systeme großteils mit Bildern von weißen, männlichen Gesichtern trainiert werden.
Die negativen Folgen treffen also besonders Gruppen, die ohnehin schon Benachteiligungen ausgesetzt sind.